Worum geht's?
Anfang der 2000er Jahre gab es zahlreiche Abmahnwellen, bei denen Tauschbörsen- und Filesharingnutzer mit hohen Geldzahlungen rechnen mussten. Aber auch heute wird Filesharing noch abgemahnt. Vor allem bei Abgemahnten, die viele Jahre nach dem illegalen Filesharing Abmahnschreiben von Kanzleien oder Inkassofirmen erhalten, stellt sich die Frage nach der Verjährung. Wann müssen Sie Forderungen im Rahmen von Filesharing nicht mehr zahlen, weil sie rechtlich verjährt sind? Wie gehen Sie bei Verjährung im Filesharing vor? Wir klären Sie auf.
1. Was ist eine Filesharing Abmahnung?
Trotz zahlreicher legaler Streaming-Dienste werden im Internet auch heute noch Filme, Musik und Software getauscht oder illegal gestreamt. Die technischen Grundlagen der Plattformen haben sich über die Jahre weiterentwickelt: Von Webseiten mit Links zu anderen Webseiten, auf denen die Inhalte gespeichert sind, über Tauschbörsen wie napster oder kazaa, zu Peer-to-Peer (P2P) Plattformen, bis hin zu Streaming-Diensten - es wird geladen und geteilt, was die Internetverbindung hergibt.
Oft folgt dann aber eine böse Überraschung: Ein Schreiben einer Anwaltskanzlei, in dem Sie aufgefordert werden, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben sowie Anwaltskosten und Schadensersatz zu zahlen. Abmahnkanzleien wie Kanzlei Frommer Legal oder Kanzlei Fareds verschicken auch heute noch regelmäßig Filesharing-Abmahnungen.
Der Vorwurf bei Filesharing Abmahnungen lautet stets "Verletzung von Urheberrechten". Auftraggeber kann der Urheber selbst sein, also etwa der Komponist eines Liedes. Häufiger sind es aber die so genannten Rechteverwerter, also beispielsweise das Produktionsstudio eines Hollywood-Films, das verhindern will, dass die Filme kostenlos im Netz angeboten werden.
ACHTUNG
Der Upload und der Download von urheberrechtlich geschützten Filmen, Songs oder Serien sind illegal, wenn der Urheber der Verbreitung seiner Inhalte nicht zugestimmt hat. Dies ist bei kostenlosen und illegalen Tauschbörsen und Filesharing-Diensten meistens der Fall. Auch Unwissenheit schützt nicht vor Strafe. Haben Sie eine Urheberrechtsverletzung begangen, müssen Sie dafür geradestehen.
2. Die Unterlassungserklärung in der Filesharing-Abmahnung
Als erstes wird der Abgemahnte aufgefordert, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Dieser Punkt ist eigentlich der gefährlichste, auch wenn es den Abgemahnten in den meisten Fällen auf die Kosten ankommt.
In der Unterlassungserklärung verpflichten Sie sich, in Zukunft keine urheberrechtlich geschützten Werke des Rechteinhabers im Netz zu verbreiten. Werden Sie noch einmal erwischt, müssen Sie hohe Vertragsstrafen - oft von mehreren tausend Euro - zahlen.
Wenn Sie die Unterlassungserklärung unterschrieben haben, bekommen Sie diese nicht mehr aus der Welt. Hier ist große Vorsicht geboten. Lassen Sie die Abmahnung daher bestenfalls von einem Anwalt prüfen und ggf. eine modifizierte Unterlassungserklärung erstellen.
3. Wann verjähren Schadensersatzansprüche im Filesharing?
Schadensersatzansprüche, die aufgrund einer Urheberrechtsverletzung entstehen, können allerdings nicht unbegrenzt geltend gemacht werden. Hier greift die sogenannte Verjährung. Ziel der Verjährung ist es, dass irgendwann Rechtsfrieden einkehren soll.
Bei der Verjährung geht es nicht darum, ob die Abmahnung berechtigt war oder nicht. Selbst wenn die Abmahnung seine Berechtigung hat, können die Ansprüche mit Ablauf der Verjährungsfristen nicht mehr vor einem Gericht durchgesetzt werden. Aber wann ist es bei Filesharing-Fällen so weit?
Verjährung: Aufwandsersatz und Unterlassungsansprüche
Bei der Verjährungsfrist im Filesharing müssen verschiedene Ansprüche von Abmahnkosten berücksichtigt werden. Der Anspruch auf Zahlung des Aufwendungsersatzes, welcher aus den entstandenen Ermittlungskosten und den Kosten des Auskunftsverfahrens entsteht, verjährt gemäß § 102 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) in Verbindung mit §§ 195, 199 Abs. 1 BGB nach drei Jahren.
Auch die Unterlassungsansprüche einer Abmahnung wegen Filesharings unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt allerdings nicht am Tag der Rechtsverletzung, sondern erst mit Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Rechteinhaber bzw. die abmahnende Kanzlei von der Urheberrechtsverletzung Kenntnis erlangt.
In der Praxis bedeutet das: Hat der Rechteinhaber 2021 von der Urheberrechtsverletzung erfahren, sind die Unterlassungsansprüche und der Anspruch auf Aufwendungsersatz Ende 2024 verjährt. Hier spielt es keine Rolle, ob Sie innerhalb dieser Zeit eine Abmahnung erhalten haben oder nicht. Ein Anspruch auf Zahlung besteht nach der dreijährigen Verjährung nicht mehr.
Übersicht über Verjährung der Unterlassungsansprüche und Anwaltskosten
Abmahnung aus den Jahren |
verjährt am 31.12. |
2017 |
2020 |
2018 |
2021 |
2019 |
2022 |
2020 |
2023 |
2021 |
2024 |
2022 |
2025 |
2023 |
2026 |
2024 |
2027 |
2025 |
2028 |
Verjährung: Lizenzschaden
Bis 2016 galt der allgemeine Konsens: Alle Ansprüche im illegalen Filesharing verjähren nach drei Jahren. Der BGH hat allerdings in einem Urteil vom 12.05.2016 (Az. I ZR 48/15) entschieden, dass dies nicht für Lizenzschäden gilt. Die Schadensersatzforderungen stellen den höchsten Betrag der finanziellen Kosten einer Filesharing-Abmahnung dar.
Die Richter in Karlsruhe stützten sich bei ihrem Urteil auf § 102 Satz 2 UrhG und § 852 BGB. So sei laut BGH der Anspruch “auf die Herausgabe einer durch die Verletzung dieses Rechts erlangten ungerechtfertigten Bereicherung gerichtet”.
Der Lizenzschadensersatz verjährt - anders als die Unterlassungsansprüche und die Anwaltskosten - erst nach zehn Jahren. Eine Urheberrechtsverletzung, die wie im oben genannten Beispiel 2021 entstanden ist, verjährt demnach nicht vollständig bis Ende 2024. Rechtsanwaltskosten und Unterlassungsansprüche sind dann zwar verjährt, aber der hohe Lizenzschadensersatz kann bis zum Schluss des Jahres 2031 eingefordert werden.
4. Unterschied zwischen Abmahnung und Mahnbescheid
Im Rahmen einer Urheberrechtsverletzung sollten Sie zwischen einer Abmahnung und einem Mahnbescheid unterscheiden. Viele Kanzleien verschicken einen “außergerichtlichen Mahnbescheid”. Den gibt es allerdings nicht. Ein Mahnbescheid ist grundsätzlich ein gerichtliches Mahnschreiben, welches in § 692 ZPO geregelt ist und vom Amtsgericht verschickt wird.
Das gerichtliche Mahnverfahren ist die Vorstufe zu einem gerichtlichen Urteilsverfahren. Das Gericht prüft dabei allerdings nicht, ob die Forderungen der Abmahner berechtigt sind. Ist der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids formal korrekt, wird der Mahnbescheid erlassen.
ACHTUNG
Wenn Sie hier nicht fristgerecht - in der Regel innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung - Widerspruch einlegen, hat der Abmahner einen Vollstreckungsbescheid in der Hand und kann vollstrecken.
Sie haben dann noch die Möglichkeit, Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid einzulegen. In diesem Fall folgt dann aber zwingend ein Gerichtsverfahren. Haben Sie nicht schon im Vorfeld einen Anwalt für Internetrecht eingeschaltet, sollten Sie es spätestens an dieser Stelle tun.
5. Widerspruch gegen einen Mahnbescheid einlegen
Aus diesem Grund sollten Sie bei einem gerichtlichen Mahnbescheid innerhalb von zwei Wochen ab der Zustellung Widerspruch einlegen. Den Widerspruch müssen Sie nicht begründen. Es gibt dazu vorgefertigte Formulare, die Sie ausfüllen müssen. Dann warten Sie ab.
Bei Abmahnungen im Filesharing kommt es nicht automatisch zu einem Gerichtsverfahren, wenn Sie Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt haben. Viele Abmahner vertrauen darauf, dass die Abgemahnten den Mahnbescheid und den Vollstreckungsbescheid ignorieren oder die sehr kurzen Fristen versäumen.
Beachten Sie hier auch den Unterschied zwischen Mahnbescheid und Vollstreckungsbescheid. Die Wirkung eines Vollstreckungsbescheids ist mit der Wirkung eines Urteils vergleichbar. Ab der Zustellung kann vollstreckt werden. Der Mahnbescheid kann nicht zwangsvollstreckt werden, aber die Verjährung wird durch die Zustellung des Mahnbescheids gehemmt. Ist der Mahnbescheid rechtskräftig, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Abmahnung berechtigt war: Die Forderung gilt als anerkannt.
6. Wann gilt eine Unterbrechung (Hemmung) der Verjährung?
Laut § 203 BGB gibt es die so genannte Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen. Das bedeutet: Verhandeln Sie oder Ihr Anwalt monate- oder jahrelang mit den Abmahnanwälten über die Forderungen, beginnt die Verjährungsfrist nicht.
Jeder Anwalt, der auf die Abwehr von Filesharing-Abmahnungen spezialisiert ist, wird deshalb die Verhandlungen schnell und zügig führen, dann aber die Fortsetzung der Verhandlungen verweigern, damit die Verjährung zu laufen beginnt.
7. Mahnungen und Zahlung bei verjährten Forderungen
Auch wenn eine Forderung verjährt ist, können die Abmahner durch Zahlungsaufforderungen weiter Druck machen. Die Verjährung betrifft nur die gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen.
ACHTUNG
Wenn Sie schon gezahlt haben, wird es fast unmöglich, diese bereits bezahlten Beträge zurück zu bekommen. Das gilt auch, wenn diese schon verjährt waren.
8. Fazit zum Thema “Verjährung im Filesharing”
Auch bei Abmahnungen in Filesharingfällen, die schon Jahre alt sind, versuchen Abmahnkanzleien vor allem aufgrund des BGH-Urteils weiterhin, diese Forderungen einzutreiben. Wichtig ist, dass Sie keine Fehler bei der Berechnung machen oder die Verjährung etwa durch Verhandlungen mit den Abmahnern hemmen.
Wir raten Ihnen - vor allem in Hinblick auf die Fristenberechnung, den Mahnbescheid, Widerspruch und Vollstreckung - einen spezialisierten Anwalt einzuschalten. Im Rahmen einer Abmahnung kann der Anwalt außerdem eine modifizierte Unterlassungserklärung erstellen.
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